Antworten des Koalitionsvertrags auf AGV-Wahlprüfsteine

Die voraussichtliche Ampel-Koalition hat den 177 Seiten langen Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ veröffentlicht. Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV) e.V. hat dies zum Anlass genommen, die Inhalte des Koalitionsvertrags mit den Fragen der AGV an die Parteien (Wahlprüfsteine) verglichen. Hier sind die Antworten:

Mit welchen Konzepten wollen Sie in Zukunft dafür sorgen, dass erforderliche Mittel zur Verfügung stehen und trotzdem Staatsschulden verringert werden können? Halten Sie an der Einhaltung der Schuldenbremse fest?

Auch im Jahr 2022 werden fortwirkende Pandemiefolgen zu bewältigen sein, die weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenregel begründen. Die zusätzlichen Möglichkeiten werden wir insbesondere für die Überwindung der Coronakrise und Maßnahmen für eine schnelle wirtschaftliche Erholung nutzen. Ab 2023 werden wir dann die Verschuldung auf den verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränken und die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten. (S. 158)

Wie wollen Sie die gesetzliche Rentenversicherung zukunftsfest machen, sodass die kommenden und aktuellen Herausforderungen im Sinne eines fairen Generationenvertrages gemeistert werden können?

Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben. Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Diese teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen. (S. 73)

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Studenten in den kommenden Jahren unterstützen, damit ausgefallene Lehrinhalte nachgeholt werden können?

Wir werden den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ ab 2022 analog zum Pakt für Forschung und Innovation dynamisieren. Wir werden die Stiftung Innovation in der Hochschullehre insbesondere im Bereich digitaler Lehre weiterentwickeln. Mit einem Bundesprogramm „Digitale Hochschule“ fördern wir in der Breite Konzepte für den Ausbau innovativer Lehre, Qualifizierungsmaßnahmen, digitale Infrastrukturen und Cybersicherheit. (S. 22)

Welche Vorstellungen und Konzepte haben Sie für den Ausbau von Betreuungsangeboten und zur Förderung von Familien mit Kindern?

Zum weiteren Ausbau von Kita-Plätzen soll ein Investitionsprogramm aufgelegt werden. Die Kindertagespflege wollen wir als Angebot der Kindertagesbetreuung weiterentwickeln und fördern und das Programm „Sprach-Kitas“ weiterentwickeln und verstetigen. Den fachlich fundierten Einsatz von digitalen Medien mit angemessener technischer Ausstattung in der frühkindlichen Bildung werden wir fördern und die Medienkompetenz stärken. (S. 95) Wir werden Familien dabei unterstützen, wenn sie Zeit für Erziehung und Pflege brauchen und dabei Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich aufteilen wollen. Wir werden das Elterngeld vereinfachen, digitalisieren und die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung stärken. Wir werden eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes einführen. Diese Möglichkeit soll es auch für Alleinerziehende geben. Den Mutterschutz und die Freistellung für den Partner bzw. die Partnerin soll es bei Fehl- bzw. Totgeburt künftig nach der 20. Schwangerschaftswoche geben. (S. 100f.)

Welches Wertegerüst sollte aus Ihrer Sicht Grundlage für eine aktivere Außenpolitik gegenüber China sein und wie wollen Sie die dortigen Menschenrechtsverletzungen thematisieren insbesondere auch in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit?

Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten. Auf der Grundlage der Menschenrechte und des geltenden internationalen Rechts suchen wir die Kooperation mit China, wo immer möglich. Wir wollen im zunehmenden Wettbewerb mit China faire Spielregeln. Um in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können, brauchen wir eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China Politik. Wir wollen die Regierungskonsultationen fortsetzen und stärker europäisch ausgestalten. (S. 157)

Wie kann aus Ihrer Sicht ein verantwortlicher Umgang mit neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz aussehen?

Im Sinne eines lernenden, technologiefördernden Staates setzen wir digitale Innovationen in der Verwaltung ein, schaffen notwendige Rechtsgrundlagen und Transparenz. Wir unterstützen den europäischen AI Act. Wir setzen auf einen mehrstufigen risikobasierten Ansatz, wahren digitale Bürgerrechte, insbesondere die Diskriminierungsfreiheit, definieren Haftungsregeln und vermeiden innovationshemmende ex-ante-Regulierung. Biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring Systeme durch KI sind europarechtlich auszuschließen. (S. 18)

Wie wollen sie als Teil einer nächsten Bundesregierung im globalen Kontext und gerade gegenüber CO2-intensiven Ländern für die effektive Erreichung des Paris-Ziels werben?

Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität. Klimaschutz sichert Freiheit, Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand. Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozialökologische Marktwirtschaft neu zu begründen. Wir schaffen ein Regelwerk, das den Weg frei macht für Innovationen und Maßnahmen, um Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir bringen neues Tempo in die Energiewende, indem wir Hürden für den Ausbau der Erneuerbaren Energien aus dem Weg räumen. Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch, indem wir den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen und die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns lassen.

Welche Veränderungen plant ihre Partei, die die bisherige Form von Lebensschutz verändern würde?

Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB. (S. 116)

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