Im Rahmen seiner Vollversammlung vom 09. bis 10. Dezember 2022 in Berlin hat das Zentralkomitee einen Beschluss gefasst, in welchem das Eckpunktepapier der Bundesregierung für das geplante Selbstbestimmungsgesetz begrüßt wird. Insbesondere unterstützt es „mit besonderem Nachdruck“ die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine Erklärung beim Standesamt zu ändern.

Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV) betrachtet den Beschluss des Zentralkomitees aufgrund der verschiedenen Risiken, welche die beinahe formlose Änderung des Geschlechtseintrages birgt, kritisch.

Zum einen dient das Personenstandsregister weniger der Identitätsstiftung des Betroffenen als vielmehr seiner rechtssicheren Individualisierung für Behörden und berechtigte Dritte. Indem künftig sowohl der Vorname als auch das Geschlecht ohne formelle Hürden geändert werden können, bleibt als feststehendes Individualisierungsmerkmal lediglich das Geburtsdatum und der Geburtsort. In einem System ohne nationales Melderegister sieht die AGV die Gefahr der möglichen Identitätsverschleierung und damit einer erschwerten Rechtsdurchsetzung. Dies wird durch das sanktionsbewährte Offenbarungsverbot des früheren Geschlechts – auf welches das ZdK keinen Bezug nimmt – noch perpetuiert.

Zum anderen sieht die AGV das Risiko, dass eigens zur Frauenförderung etablierte Maßnahmen durch die formlose Änderung des Geschlechtseintrages konterkariert werden. Zu denken wäre an Bestimmungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Aber auch bei Frauenhäusern, Damenumkleiden oder gar im Sportbereich gäbe es in Zukunft keinen rechtlichen Grund mehr, biologische Männer auszuweisen, welche formell Frauen sind. Die bisher erfolgte unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen durch den Staat ist verfassungsrechtlich durch zwingende Gründe gerechtfertigt. Durch die erheblich vereinfachte Änderung des Geschlechts drohen diese Gründe nun unterlaufen zu werden.

Ein weiterer Aspekt, der bei der Diskussion des Selbstbestimmungsgesetzes nicht zu kurz kommen darf, ist der Umgang mit Kindern und Jugendlichen im sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzesentwurfes. Bekanntlich ist die Phase der Pubertät für die Identitätsfindung von essenzieller Bedeutung. Der Wechsel des Geschlechts in dieser Lebensphase darf daher in seiner Tragweite nicht bagatellisiert werden. Es ist aus Sicht der AGV deswegen zumindest angezeigt, ein Mindestalter festzulegen und den Eltern als gesetzliche Vertreter des Minderjährigen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess zuzugestehen. Aus diesem Grund kritisieren wir die vom Hauptausschuss des BDKJ beschlossene Forderung, auf das Einverständniskriterium der Sorgeberechtigten zu verzichten und den Wechsel des Geschlechts bereits für Kinder unter 14 Jahren zu ermöglichen. Auffällig ist wieder die Einseitigkeit des verabschiedeten Beschlusses, der eine kritische Betrachtung nicht erkennen lässt.

Die AGV befürwortet eine Neuregelung des bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht kritisierten Transsexuellengesetzes und ruft zur Akzeptanz von Transmenschen in Kirche und Gesellschaft auf. Zu Ersterer gehören beispielsweise Verfahrensregelungen, die die Persönlichkeitssphäre der Betroffenen besser zu schützen. Dennoch muss es in der Systematik des Personenstandsrechts aus den oben genannten Gründen bei einer Trennung von biologischem und sozialem Geschlecht bleiben.